Bleisatz und Buchdruck
Die Geschichte des Bleisatzes und des Buchdrucks – und wie sie mit dem Typorama als Sammlung und historische Druckerei in den Thurgau gekommen ist.
Die Geschichte beginnt in den 1970er-Jahren, als der gelernte Schrift- und Maschinensetzer Paul Wirth sich in den Kopf setzte, dem sich abzeichnenden Untergang der Bleisatz- und Buchdrucktechnik zu trotzen und zu sammeln begann, was damals einer neuen Technik weichen musste. Auch die Druckereien in der Ostschweiz verabschiedeten sich sukzessiv vom Blei und wechselten zum Fotosatz und Offsetdruck. Jede Menge von Bleisatzschriften, Matrizen, Setz- und Druckmaschinen fanden den Weg ins Altmetall und auf den Schrottplatz. Nicht so die Objekte, die Paul Wirth auf seine Wunschliste setzte. Mit dem Kauf einer Linotype Jdeal Jahrgang 1912 legte er im Jahr 1979 den Grundstein zu seiner vorerst «Das kleine Setzmaschinen-Museum» genannten Sammlung. Sein Ziel war es, in einem Lokal an der Langgasse in St.Gallen, die faszinierende Technik des maschinellen Bleisatzes, der eben gerade am Verschwinden war, der Nachwelt zu erhalten.
«Das kleine Setzmaschinen-Museum» wird zum Typorama
Geschickt wählte Paul Wirth seine Sammelstücke mit System. Einmal wollte er soweit sein, die Entwicklung des Bleisatzes und des Buchdrucks zentral an einem Ort dokumentieren zu können. Das Inventar der Sammlung vergrösserte sich laufend und die Exponate mussten in diversen Aussenlagern deponiert werden, bis es sich in den 1990er-Jahren aufdrängte, dagegen «etwas zu unternehmen». Um die Platzprobleme zu lösen und die Aufrüstung der alten Maschinen zu gewährleisten, wurde 1997 ein Förderverein gegründet, «Das kleine Setzmaschinen-Museum» bekam den Namen Typorama und die Suche nach einer grösseren Lokalität wurde intensiv angegangen.
Der Traum wurde 1999 wahr – der neue Standort des Typorama in Bischofszell gefunden. Der Umzug, weg von St. Gallen in den Thurgau begann im November. Das Typorama bezieht die neue Lokalität im Areal der ehemaligen «Karton und Papierfabrik Laager» in einer separat stehenden Lagerhalle mit einer Nutzungsfläche von knapp 1000 m2.
Das Fabrikareal besteht aus mehreren Gebäuden, u.a. dem 1865 aus Nagelfluhstein erbauten Webereigebäude Niederer. Später genutzt von der Papierfabrik Laager, welche 1927 für die neue, grosse Papiermaschine PM1 auf dem Areal eine zusätzliche Maschinenhalle bauen liess. Für das Typorama bedeutet die Fabrik-Atmosphäre, welche die beiden Hallenteile ausstrahlen, ein wunderbar passendes Umfeld und adäquaten Raum für Museum und historische Druckerei.
Nun in Bischofszell angekommen entwickelt sich das Typorama kontinuierlich weiter. So zeigen heute zehn Zeilensetzmaschinen, ein Typograph, eine Monotypeanlage sowie zwei Titelsetzgeräte die Entwicklung von 100 Jahren Setzmaschinenbau. Im Maschinensaal stehen eine Kniehebelpresse, zwei Boston-Handtiegelpressen, sieben Tiegel-Druckpressen verschiedenster Bauart, eine Stoppzylinder-Schnellpresse, zwei Stoppzylinder-, zwei Eintouren- und ein Zweitouren-Automat.
Funktionstüchtige Maschinen
Sie alle dokumentieren systematisch die verschiedenen Entwicklungsstufen der Drucktechnik im 19. und 20. Jahrhundert. Sämtliche Maschinen sind in funktionstüchtigem Zustand und werden an Führungen demonstriert. Und es wird mit den Maschinen auch gearbeitet. Verschiedenste Druckerzeugnisse werden in althergebrachter Bleisatz-Technologie zu konkurrenzfähigen Preisen hergestellt. Eine umfangreiche Sammlung von Bleisatzschriften (mit über 3000 Schriftsätzen, die mit dem Typorama-Schriftenreigen Band I und II dokumentiert sind) und die einmalige Kompetenz im Linotype-Maschinensatz machen das Typorama einzigartig im Bunde der wenigen grösseren Druckmuseen europaweit.
So gesehen ist es bestimmt nicht vermessen zu sagen: Die Geschichte des Bleisatzes und des Buchdrucks ist nach dem Verschwinden auch aus den Thurgauer Druckereien in den 1970er- und 1980er-Jahren, mit der Jahrtausendwende als umfangreiche Sammlung und historische Druckerei Typorama in den Thurgau zurückgekommen.
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